"New Wappenbuch" von Johann Siebmacher, Nürnberg, 1605 Eines der umfangreichsten heraldischen Kompendien der Vergangenheit
Daniel Miksch, wissenschaftlicher Mitarbeiter, stellt sein Lieblingsobjekt des Monats April vor:
„Die Heraldik als Wissenschaft der Wappenkunde gewährt einen ganz eigenen Zugang zu unserer bewegten Vergangenheit. Bereits die Zeitgenossen des 17. Jahrhunderts behalfen sich mit Nachschlagewerken, um bei der schieren Menge der existierenden Wappen den Überblick zu behalten. Eines dieser Formate ist Johann Siebmachers Wappenbuch, ein spannender Band aus der reichhaltigen Wartburgbibliothek und mein Lieblingsobjekt des Monats.“
Der Radierer, Kupferstecher und Verleger Johann Siebmacher (1561–1612) arbeitete im kunsthandwerklich vielseitigen Nürnberg mit einigen Angestellten in einer großen Werkstatt, der heute etwa 7000 Arbeiten zugeschrieben werden. Das 1605 in der ersten Auflage erschienene Wappenbuch erfuhr stetige Erweiterung und wurde mit der Zeit um mehr und mehr Wappen der verschiedenen Stände des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ergänzt. Bereits 1609 erschien die zweite Auflage mit 5720 Einzelwappen. Nach Siebmachers Tod wurde das für die heraldische Forschung wichtige Projekt von anderen Herausgebern unter dem Pseudonym Siebmacher fortgesetzt. So lässt sich das Wappenbuch durch die Jahrhunderte bis in unsere Zeit hinein verfolgen und einzelne Ausgaben können aktuell auch online als Digitalisate eingesehen werden.
Die in der Wartburgbibliothek erhaltene erste Auflage beinhaltet nicht weniger als 3320 zeitgenössische Wappen – kein Wunder also, dass man für eine derartige Fülle ein Nachschlagewerk benötigte. Auf 226 Wappentafeln sind die Symbole hierarchisch geordnet, folgen also der tatsächlichen Machtverteilung im Reich: Nach den Emblemen von Kaiser und Kurfürsten stehen die der weltlichen und geistlichen Herzöge und Fürsten, gefolgt von den Wappen der Grafen, der vielzähligen Ritterschaft, des patrizischen Stadtadels und der Reichsstädte. Ein fortschrittliches Register am Ende des Bandes erleichterte dabei schon im 17. Jahrhunderts die Suche nach einem speziellen Hoheitszeichen.
Das zugrundeliegende Prinzip des Bandes ist sonst denkbar einfach: Während eine der aufgeschlagenen Seiten die Wappen der jeweiligen Gruppe in den typischen Dreieckschildformen als Kupferstiche abbildet, werden die Symbole auf der zweiten sogar mit ihrer farblichen Gestaltung beschrieben, denn die Kupferstiche sind nicht koloriert.
Die vorliegende Ausgabe beinhaltet zudem eine sehr spannende lyrische Beschreibung des Adelsstandes, seines Ursprungs und seiner Eigenheiten, verfasst wie ein Streifzug durch die Geschichte, von biblischen Beispielen beginnend durch die mythologische Antike bis in die frühe Neuzeit. Das sich auf ganze 59 Seiten erstreckende und durchgängig in Reimform gebrachte Gedicht lässt den Lesenden dabei an vielen Stellen schmunzeln, denn es bringt Kritik zum Ausdruck und nimmt manch bekannte hochgeborene Figur aufs Korn. Versöhnlich erklingen dabei fast die Schlussverse:
„Kunst, Tugent, Ehr vnnd Redligkeit
Ist ein schoͤn Herrlichs Koͤstlichs Kleid,
Wer mit solchem ist angethan,
Ist gewiß ein rechter Edelman.“