Die „Schwurschwerter“ der Wartburg 2./1. Jh. v. Chr., Eisen, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. KL0187 i, j, k

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Drei „Schwurschwerter“ der Wartburg
Drei „Schwurschwerter“ der Wartburg

Andreas Cramer, Assistent Management, stellt sein Lieblingsobjekt des Monats Oktober 2023 vor:

„Mein Lieblingsobjekt habe ich in der aktuellen Sonderausstellung ‚MYTHOS WARTBURG. 10 FRAGEN AN DIE IDEALE BURG‘ entdeckt, in der viele bislang nicht bekannte Geschichten über die Wartburg erzählt und selten gezeigte Schätze aus der Kunstsammlung präsentiert werden. Dazu gehören beispielsweise die sogenannten Schwurschwerter.“

Galerie

  • Drei „Schwurschwerter“ der Wartburg
    Drei „Schwurschwerter“ der Wartburg
  • Elisabethkemenate mit dem Tisch, in dem die Schwurschwerter aufbewahrt wurden
    Elisabethkemenate mit dem Tisch, in dem die Schwurschwerter aufbewahrt wurden
  • Held und Commandant mit eigener Hand zeigt die Sehenswürdigkeiten der Vorzeit
    Held und Commandant mit eigener Hand zeigt die Sehenswürdigkeiten der Vorzeit
  • Die Gründungssage der Wartburg im Landgrafenzimmer des Palas
    Die Gründungssage der Wartburg im Landgrafenzimmer des Palas

Beim Rundgang durch die Wartburg entdeckt man in diesem Jahr an verschiedenen Stellen kleine Fähnchen, auf denen Fragen zur Wartburg gestellt und auch gleich beantwortet werden. So findet man beispielsweise nicht nur die von unseren Gästen häufig gestellten Fragen „Wie tief ist die Zisterne?“ oder „Wann kommt endlich die Lutherstube?“, sondern auch diese: „Haben Ludwig der Springer und seine zwölf Ritter wirklich die Rechtmäßigkeit der Wartburg-Gründung mithilfe von Schwurschwertern bewiesen?“ Die Antwort ist ebenso überraschend wie interessant, denn in der dazugehörigen Vitrine liegen drei Objekte aus Eisen, deren Form durchaus an Schwerter erinnert. Ein flüchtiger Blick könnte einen also erschauern lassen: Das sind also die sagenumwobenen Schwerter der Gründungssage der Wartburg, wie sie Chroniken überliefern. 1835 hat der Märchen- und Sagensammler Ludwig Bechstein die Sage im ersten Band seiner vielgelesenen Sagensammlung „Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringer Landes“ aufgezeichnet und sie damit populär gemacht. „Wart’ Berg, du sollst mir eine Burg werden!“, soll Ludwig der Springer ausgerufen haben, als er auf der Jagd „den steilen Felsberg“ erblickte. Zwar gehörte ihm der Berg gar nicht, doch Ludwig ersann eine List. Nachts ließ er Erde von seinem eigenen Territorium in Körben hinaufbringen, dünn verteilen und darauf die Wartburg errichten. Als er daraufhin von den rechtmäßigen Besitzern verklagt wurde, kamen die Schwurschwerter zum Einsatz: Zwölf von Ludwigs Rittern wurden zu Eideshelfern; gemeinsam mit ihm stießen sie ihre Klingen in den Boden, schworen, diese Erde sei sein Besitz, und machten damit den Grafen zum neuen Eigentümer des Berges.

Was keine Chronik berichtet und auch Ludwig Bechstein nicht erzählt: Ludwig und seine Ritter müssen ihre Schwerter nach dem Schwur in einer Felsnische ganz in der Nähe der Stelle, wo später der Bergfried der Wartburg errichtet wurde, abgelegt haben. Genau dort wurden sie nämlich im Jahr 1846 gefunden. 13 mit Draht zusammengebundene Schwerter kamen auf wundersame Weise bei den Ausgrabungen in den Wartburghöfen zum Vorschein. „Diese aber lassen kaum noch einen Zweifel zu an jener Erzählung der Chronik“, erinnerte sich Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach an seinem Lebensabend immer noch begeistert. „Als ich nach gethanem Funde auf die Wartburg kam, hob ich mit meinem Sohne die dreizehn Schwerter empor und legte sie samt dem Draht in die unter Glas verwahrte Platte eines Tisches in der Kemenate der heiligen Elisabeth nieder, wo sie noch sind.“ Tatsächlich sind die legendären Schwerter längst nicht mehr dort. Genau genommen sind die drei Exemplare, die heute in der Sonderausstellung zu sehen sind, erst seit kurzem wieder auf der Wartburg. Viele Jahre waren sie an das Thüringer Museum in Eisenach ausgeliehen. Die anderen zehn befinden sich heute im Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens in Weimar. Warum gerade dort, fragt man sich? Nun, das erklärt die weitere Geschichte, denn zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Echtheit der Schwerter erstmals bezweifelt. In den 1920er-Jahren folgte dann die wissenschaftliche Bestätigung: Es handelt sich auf keinen Fall um Schwertklingen des 11. Jahrhunderts. Genau wie der Draht, von dem sie zusammengehalten wurden, sind zwei im 19. Jahrhundert hergestellt worden. Elf aber sind viele Jahrhunderte älter! Es sind nämlich Eisenbarren aus der Latènezeit (ab 450 v. Chr. bis um Christi Geburt), die in ganz Europa als Handels- und Zahlungsmittel verwendet wurden. Ob sie tatsächlich auf der Wartburg gefunden wurden und ihre Zahl auf 13 erhöht wurde, um als Beweis der Wartburggründung zu dienen, darüber ist leider nichts bekannt. Ob es etwas zu bedeuten hat, dass ausgerechnet der Wartburgkommandant Bernhard von Arnswald die vermeintlichen Schwerter in einer phantasievollen Zeichnung dargestellt hat? Wir wissen es nicht …
Wenn die Barren hier gefunden wurden, beweisen sie zwar nicht die Gründungssage der Wartburg, aber möglicherweise eine Besiedlung des Berges bereits in der Latènezeit. Das hieße, dass auch damals schon Menschen die günstige Lage des Felsens erkannt hätten. So wie Ludwig der Springer im sagenhaften Gründungsjahr 1067.

Die sogenannten Schwurschwerter sind bis zum 7. Januar 2024 in der Sonderausstellung „MYTHOS WARTBURG. 10 FRAGEN AN DIE IDEALE BURG“ zu den Öffnungszeiten zu besichtigen. Über diese und viele andere spannende Geschichten der Wartburg berichtet das gleichnamige Begleitbuch zur Ausstellung.

Bildunterschriften und -nachweise:

Bild 1: Drei „Schwurschwerter“ der Wartburg, 2./1. Jh. v. Chr., Eisen, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. KL0187 i, j, k, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Foto: Rainer Salzmann

Bild 2: Blick auf die Nordwand der Elisabethkemenate im Palas der Wartburg mit dem Tisch, in dem die sogenannten Schwurschwerter aufbewahrt wurden, 1. H. 20. Jh., Fotografie, Wartburg-Stiftung, Fotothek

Bild 3: Held und Commandant mit eigener Hand zeigt die Sehenswürdigkeiten der Vorzeit, Bernhard von Arnswald, 1857 (?), Pinsel und Feder in Braun oder Schwarz über Graphit, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. G3348

Bild 4: Die Gründungssage der Wartburg im Landgrafenzimmer des Palas, Moritz von Schwind, 1854, Fresko, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Foto: Rainer Salzmann

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