Der Trockenwald auf der Felseninsel der Wartburg Blick auf die Wartburg von der Felseninsel aus

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Blick auf die Wartburg von der Felseninsel aus
Blick auf die Wartburg von der Felseninsel aus

Steffen Lieder, Wassermeister der Wartburg, stellt sein Lieblingsobjekt des Monats Juni 2023 vor:

„Im Rahmen meiner Arbeitsaufgaben verbringe ich viele Stunden im Wald rund um die Wartburg. Der Trockenwald auf der Felseninsel der Wartburg ist mein Objekt des Monats, weil es ein einzigartiges und schützenswertes Naturhabitat für seltene Vögel, Insekten und Pflanzen ist. Die Felseninsel, die außerdem ein geologisches Naturdenkmal darstellt, befindet sich unmittelbar am Fuße der Wartburg und ist dennoch kaum bekannt.“

Galerie

  • Der Trockenwald auf der Felseninsel der Wartburg
    Der Trockenwald auf der Felseninsel der Wartburg
  • Die Schwebebahn vom Steinbruch zur Baustelle des Wartburg-Hotels, Hans Lucas von Cranach, 1912, Glasnegativ
    Die Schwebebahn vom Steinbruch zur Baustelle des Wartburg-Hotels, Hans Lucas von Cranach, 1912, Glasnegativ
  • Blick auf das im Bau befindliche Wartburg-Hotel und die Schwebebahn vom Steinbruch zur Baustelle, Hans Lucas von Cranach, 1913, Glasnegativ
    Blick auf das im Bau befindliche Wartburg-Hotel und die Schwebebahn vom Steinbruch zur Baustelle, Hans Lucas von Cranach, 1913, Glasnegativ
  • Der Trockenwald auf der Felseninsel der Wartburg als Totalreservat
    Der Trockenwald auf der Felseninsel der Wartburg als Totalreservat
  • Das Totalreservat auf der Felseninsel
    Das Totalreservat auf der Felseninsel

Viele Gäste der Wartburg in Eisenach durchfahren mit ihren Autos, dem Motor- oder Fahrrad die Wendeschleife des Besucherparkplatzes, um ihr Transportmittel abzustellen. Von hier gehen sie dann meist über einen der vielen Fußwege bergauf bis zur Wartburg.
Fernab der Besucherströme, aber doch inmitten des Parkplatzes, befindet sich eine kleine Felseninsel. Die Felseninsel ist ein Totalreservat und Teil des Naturparks Wartburg-Hohe Sonne. Hier sind vier Biotoptypen mit gesetzlich geschützten und zum Teil stark gefährdeten Pflanzengesellschaften nachweisbar: Hangschuttwald, Zwergstrauchheide, Silikatfelsen mit Felsspalten- und Pionierfluren. Zudem wächst hier der in Deutschland nur noch selten zu findende Trockenwald oder trockenwarme Wald. Der Trockenwald der Wartburg zieht sich als ein schmales Band von der Felseninsel in südöstlicher Richtung unterhalb der Burganlage entlang.

Trockenwälder haben in Deutschland die höchste Schutzstufe im Sinne des Biotopschutzgesetzes. Sie wachsen meist auf einem sehr kleinen Gebiet an Hängen oder – wie am Fuße der Wartburg – auf Felsen. Durch die fehlende Bodentiefe, den sauren Boden und die Trockenheit des Kleinklimas werden die Bäume des Trockenwaldes nicht so groß wie üblich. Sie wachsen aufgrund der besonderen Bedingungen viel langsamer und sind zum Teil knorrig und kompakt. Neben der Hauptbaumart Traubeneiche findet man auf der Felseninsel unterhalb der Wartburg auch Stieleiche, Hainbuche und Feldahorn.

So wie die gesamte Umgebung ist auch die Felseninsel vom sogenannten Wartburg-Konglomerat geprägt, einem grobkörnigen, aus meist eckigen Gesteinsbruchstücken zusammengesetzten Sedimentgestein. Das Geotop des rotbraunen Gesteins bildet nicht nur den Untergrund für die Biotope der Felseninsel. Es ist ebenso der Baugrund der Wartburg und lieferte zudem bereits Baumaterial für deren mittelalterliche Gebäude. Im westlichen Bereich der Felseninsel gab es schon vor Jahrhunderten einen Steinbruch. In der Zeit der Erneuerung der Wartburg, als zahlreiche neue Bauwerke errichtet wurden, war der Bedarf an Steinen enorm hoch. Deshalb wurde der alte Steinbruch 1852 wieder eröffnet, um das nötige Baumaterial für die Dirnitz, die zweite Torhalle, die Neue Kemenate und den Bergfried zu gewinnen. Auch für Bereiche des Palas und für das Ritterbad und an vielen anderen Stellen wurde das Wartburg-Konglomerat verwendet. Bei der Errichtung des von Bodo Ebhardt entworfenen Wartburghotels 1912 bis 1914 fand zum letzten Mal ein intensiver Abbau statt. Auf der Felseninsel wurde eine Schwebebahn installiert, die direkt mit der gegenüberliegenden Baustelle verbunden war. So war eine schnelle Bereitstellung der Werksteine ohne große Transportschwierigkeiten möglich und der Bauschutt konnte zugleich auf diesem Weg abtransportiert werden.

Als zwischen 1929 und 1930 der Parkplatz der Wartburg angelegt wurde, ist die Straße in einer Schleife um die Felseninsel herumgeführt und direkt am alten Steinbruch ein großer Parkplatz einschließlich Garagen und Chauffeurshaus eingerichtet worden. An der zwischen diesen Gebäuden freigelegten Felswand kann man die sogenannten Eisenacher Schichten mit dem Wartburg-Konglomerat besonders gut erkennen. 1977 hat diese Felswand den Schutzstatus eines Geologischen Naturdenkmals erhalten.

Der Trockenwald auf der Felseninsel des alten Steinbruchs kann in seiner Einzigartigkeit bestehen, weil er heute weitgehend unberührt bleibt. Ein ehemaliger Fußweg zur Wartburg, der direkt über die Felseninsel verlief, wurde Anfang der 2000er Jahre zurückgebaut. So kann sich die Natur im geschützten Raum der Felseninsel entwickeln und bietet vielen Vögeln und Insekten einen idealen Lebensraum. Hier gibt es neben Bunt- und Schwarzspechten auch die äußerst seltenen Grauspechte. Sogar Dreizehen-Spechte wurden auf der Felseninsel, mitten im Trockenwald, vereinzelt gesichtet.

Sterben Bäume im Trockenwald unterhalb der Wartburg ab, verbleiben sie aufgrund des Totalreservat-Status als Totholz im Wald und bieten so zahlreichen Käfern und Insekten ein ideales Lebensumfeld. Die Eichenbäume sind zum Beispiel auch der Lebensraum für den in Deutschland immer seltener werdenden Hirschkäfer. Und wo alte und knorrige Bäume wachsen, da fühlen sich auch viele Fledermausarten wohl.

Quellen:

Bild 1: Blick auf die Wartburg von der Felseninsel aus, Wartburg-Stiftung, Foto: Steffen Lieder
Bild 2: Der Trockenwald auf der Felseninsel der Wartburg, Wartburg-Stiftung, Foto: Steffen Lieder
Bild 3: Die Schwebebahn vom Steinbruch zur Baustelle des Wartburg-Hotels, Hans Lucas von Cranach, 1912, Glasnegativ, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. PI_01_1387_C
Bild 4: Blick auf das im Bau befindliche Wartburg-Hotel und die Schwebebahn vom Steinbruch zur Baustelle, Hans Lucas von Cranach, 1913, Glasnegativ, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. PI_01_1407_C

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