Der Luthergang im ersten Obergeschoss der Vogtei der Wartburg

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Blick in den Luthergang der Wartburg nach Norden
Blick in den Luthergang der Wartburg nach Norden

Daniela Buchholz, kaufmännische Sachbearbeiterin in der Abteilung Verwaltung, stellt ihr Lieblingsobjekt des Monats Mai 2021 vor:

"Es ist immer wieder spannend, wenn Geschichte auch mit einem Ort verbunden ist. Neben der berühmten Lutherstube gehört nämlich auch der sogenannte Luthergang zu den authentischen Räumen. Martin Luther hat diesen Gang oft durchschritten, denn er stellte vor 500 Jahren den einzigen Zugang zu seinem Gemach dar."

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  • Blick in den Luthergang der Wartburg nach Norden
    Blick in den Luthergang der Wartburg nach Norden
  • Der Luthergang im Obergeschoss der Vogtei auf der Wartburg
    Der Luthergang im Obergeschoss der Vogtei auf der Wartburg

Für die meisten heutigen Besucher bildet das Durchqueren des sogenannten Luthergangs im Osten des ersten Stockwerks der Vogtei den Abschluss ihres Wartburgbesuchs, bevor sie die Treppe zur Kommandantendiele hinabsteigen und die Vogtei durch den Museumsladen verlassen. Obwohl der „Luthergang“ seinen Namen erst im 19. Jahrhundert erhielt, war es einer der Räume, die der Reformator während seines zehnmonatigen Aufenthalts auf der Wartburg in den Jahren 1521/1522 nutzte und innerhalb derer er sich zumindest tagsüber frei bewegen konnte.

Luthers Wohnung auf der Wartburg war eins von drei Gemächern im ersten Stockwerk der Vogtei. Dieses Gebäude war erst etwa vierzig Jahre zuvor, um 1480, in Fachwerkbauweise über einem älteren, steinernen Erdgeschoss errichtet worden. Luthers Gemach bestand aus der heute als Lutherstube bezeichneten Wohnstube und einer Schlafkammer. Durch die Rundbogentür im Süden der Lutherstube konnte er seinen Wohnraum in Richtung eines Vorplatzes verlassen, von dem eine Treppe nach oben zu einem halbhoch zwischen den Etagen gelegenen Aborterker führte, den er als Toilette nutzte.

Der einzige Zugang zum ersten Stock der Vogtei und damit zur Lutherstube erfolgte damals über den genannten Gang an der Ostseite zum ersten Burghof hin, denn der heutige Treppenabgang vom Vorplatz der Lutherstube zum Erdgeschoss existierte noch nicht.

Luther selbst berichtet in seinen Tischreden davon, wie der Teufel ihn nachts plagte und um den Schlaf brachte. In diesem Zusammenhang beschreibt er auch den Zugang zu seinem Gemach: „Wie ich nu ein wenig entschlief, da hebts an der Treppen ein solch Gepolter an, als würfe man ein Schock Fässer die Treppen hinab; so ich doch wol wußte, daß die Treppe mit Ketten und Eisen woI verwahret, daß Niemands hinauf konnte; noch fielen so viel Fasse hinunter. Ich stehe auf, gehe auf die Treppe, will sehen, was da sei; da war die Treppe zu.“

Vom Luthergang aus war auch eine kleine Oberküche nördlich der Lutherstube zugänglich, aus der der Reformator wahrscheinlich mit Speisen versorgt wurde. Die weiteren Räume entlang des Gangs haben ihre Funktion im Lauf der Zeit oft gewandelt. Im beginnenden 19. Jahrhundert befand sich hier der Tanzsaal der Wartburg-Gastwirtschaft; In den 1840er wurde der Saal in drei Räume geteilt, in denen Großherzog Carl Alexander wohnte. Heute kann man hier die Schaubibliothek der Wartburg besichtigen, in der mehr als 800 Flugschriften der Reformationszeit zu sehen sind.

Im Jahr des 500. Jubiläums von Martin Luthers Wartburgaufenthalt ist auch Luthers historische Wohnung mit dem Luthergang Bestandteil der Sonderausstellung „Luther im Exil. Wartburgalltag 1521“.

Wünschen wir uns, dass sie bald von zahlreichen Gästen besucht werden kann.


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