"Der erste Burghof der Wartburg im Winter" Carl Julius von Leypold, vor 1840, Aquarell, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. G0560

Zurück

Der erste Burghof der Wartburg im Winter, Carl Julius von Leypold, vor 1840, Aquarell
Der erste Burghof der Wartburg im Winter, Carl Julius von Leypold, vor 1840, Aquarell

Charlotte Lorenz, Bundesfreiwillige der Wartburg-Stiftung, stellt ihr Lieblingsobjekt des Monats Dezember 2023 vor:

„Die Außenanlage der Wartburg ist zu jeder Jahreszeit ein besonderer Anblick, und ich genieße es, die schönen Gebäude in der morgendlichen Stille zu betrachten. Ganz besonders ist aber die Atmosphäre im Winter, wenn die Burg schneebedeckt ist. Carl Julius von Leypold schafft es in seinem Werk ‚Der erste Burghof der Wartburg im Winter‘ eine solche Stimmung zu erzeugen und deshalb ist dieses Bild mein Lieblingsobjekt.“

Galerie

  • Der erste Burghof der Wartburg im Winter, Carl Julius von Leypold, vor 1840, Aquarell
    Der erste Burghof der Wartburg im Winter, Carl Julius von Leypold, vor 1840, Aquarell
  • Die Wartburg von Osten von der Schanze im Winter, Hans Lucas von Cranach, Februar 1910
    Die Wartburg von Osten von der Schanze im Winter, Hans Lucas von Cranach, Februar 1910
  • Die Vogtei mit Nürnberger Erker im Winter, Hans Lucas von Cranach, 22.11.1910
    Die Vogtei mit Nürnberger Erker im Winter, Hans Lucas von Cranach, 22.11.1910
  • Verschneiter Steinweg
    Verschneiter Steinweg
  • Wartburg von Norden mit Zugbrücke im Winter
    Wartburg von Norden mit Zugbrücke im Winter

Winterlandschaften, Ruinen und einsame Gestalten zählen augenscheinlich zu den Hauptmotiven des Landschaftsmalers Carl Julius von Leypold (1806–1874). Der Künstler studierte von 1820 bis 1829 an der Dresdner Kunstakademie bei Johan Christian Dahl. Seine Bilder sind der Epoche der Romantik zuzuordnen und weisen stilistische Parallelen zu den Werken Caspar David Friedrichs auf, die Leypold in der Frühzeit seines Schaffens beeinflussten.

In seinem Aquarell „Der erste Burghof der Wartburg im Winter“ erzeugt Carl Julius von Leypold eine eigentümlich winterliche Atmosphäre: Die Dächer der ersten Torhalle, des Ritterhauses und der Vogtei, des westlichen und östlichen Wehrganges sind schneebedeckt und Schnee türmt sich am Wegrand, bedeckt den Boden und umhüllt Gräser und Sträucher. Der aus einem Schornstein aufsteigende Rauch deutet darauf hin, dass die Luft bitterkalt sein muss. Zugleich taucht die untergehende Sonne die Szenerie in goldenes Licht. Der Wartburghof würde nahezu verlassen und einsam wirken, wäre er nicht durch drei Gestalten belebt: Im Hintergrund erkennt man eine Person in der ersten Torhalle, während nahe dem rechten Bildrand ein Paar auf dem Weg innezuhalten scheint. Vielleicht sind sie an diesem kalten, aber sonnigen Wintertag zur Wartburg gewandert und genießen nun die besondere Stimmung.

Auffällig ist, dass sich das Erscheinungsbild des ersten Burghofes im Bild deutlich von der Gegenwart unterscheidet. Leypold hat seine Zeichnung nämlich vor den umfassenden Umbaumaßnahmen im 19. Jahrhundert geschaffen. Die Bauten der Vorburg zeigen noch deutlich die Spuren des Verfalls. So waren zum Entstehungszeitpunkt des Bildes vom Margarethengang links nur wenige Gefache erhalten und man konnte einen Blick auf die waldige Umgebung nördlich der Wartburg erhaschen. Von der 1778 abgebrochenen Hofstube existierten noch Reste der Fundamente des Kellers. Den Nürnberger Erker an der Südfassade der Vogtei dagegen konnte der Künstler noch gar nicht abbilden, denn er wurde erst 1872 hinzugefügt.

Ebenso wie Leypolds winterliches Aquarell Zeugnis vom Zustand der Burg ablegt, tun das auch die ältesten Fotografien der Wartburg, die zum Teil sogar den Fortschritt der Erneuerung dokumentieren sollten. Der Burgherr Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach hatte sich „Ansichten von dem jetzigen Stande der Arbeiten […]“ gewünscht. Fotografische Aufnahmen, die zwischen 1855 und 1867 entstanden sind, zeigen das eindrucksvoll.

Hans Lucas von Cranach, Nachfahre des Malers Lucas Cranach und Burghauptmann der Wartburg von 1894 bis 1929, hinterließ der Wartburg einen ganz besonderen Schatz, eine große Anzahl an Autochromen, die die Wartburg zum ersten Mal in natürlichen Farben darstellen. Der begeisterte Amateurfotograf fertigte 450 Autochrom-Platten, die er in seinem Plattenverzeichnis bis 1916 aufgelistet hat. Eine häufige Schwierigkeit bei diesen Aufnahmen stellte die Belichtungszeit dar, die teilweise sehr lang sein konnte. Daher existieren vergleichsweise wenige farbige Winteraufnahmen. Aber die, die in der Sammlung der Wartburg-Stiftung erhalten sind, bestechen durch verblüffende Klarheit und zarte Farben, ähnlich Leypolds Aquarell.

In diesem Sinne hoffe ich sehr, dass Sie die Gelegenheit haben, die Wartburg dieses Jahr in ihrem winterlichen Gewand erkunden zu können. Eine besinnliche Adventszeit und frohe Weihnachten!

Der erste Burghof ist innerhalb der Öffnungszeiten frei zugänglich.

Bildunterschriften und -nachweise:

Bild 1: Der erste Burghof der Wartburg im Winter, Carl Julius von Leypold, vor 1840, Aquarell, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. G0560

Bild 2: Die Wartburg von Osten von der Schanze im Winter, Hans Lucas von Cranach, Februar 1910, Autochrom auf Glasplatte, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. PI_03_0124_C   

Bild 3: Die Vogtei mit Nürnberger Erker im Winter, Hans Lucas von Cranach, 22.11.1910, Autochrom auf Glasplatte, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. PI_03_0012_C

Bild 4: Verschneiter Steinweg, Autochrom auf Glasplatte, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. PI_03_0165_C

Bild 5: Wartburg von Norden mit Zugbrücke im Winter, Autochrom auf Glasplatte, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. PI_03_0149_C  

Zurück