Das Korkmodell der Wartburg August Ißleib nach Entwürfen von Hugo von Ritgen und Zeichnungen von Bernhard von Arnswald, 1857, Kork, geschnitten, Wartburg-Stiftung Eisenach, Kunstsammlung, Inv.-Nr. KH0091

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Das Korkmodell der Wartburg
Das Korkmodell der Wartburg

Tommy Thiel, Tischler in der Bauhütte der Wartburg, stellt sein Lieblingsobjekt des Monats Juni 2024 vor: „Als das beeindruckende Korkmodell kürzlich für die neue Sonderausstellung ‚Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland‘ transportiert wurde, war ich dabei – eine echte Herausforderung bei der Zerbrechlichkeit und einer stattlichen Größe von 1,80 x 1,35 m und 0,75 m Höhe. Ich hatte auch die Gelegenheit, es zum ersten Mal aus der Nähe zu betrachten und war fasziniert von den vielen Details. Besonders spannend war für mich der Vergleich der heutigen Burg mit den Bauten im Modell, die offenbar geplant, aber nicht umgesetzt wurden.“

Galerie

  • Abb. 1: Das Korkmodell der Wartburg
    Abb. 1: Das Korkmodell der Wartburg
  • Abb. 2: Das Korkmodell der Wartburg, Ernst Pfeiffer(?), 1858(?)
    Abb. 2: Das Korkmodell der Wartburg, Ernst Pfeiffer(?), 1858(?)
  • Abb. 3: Entwurf der Südseite des Bergfrieds, der Torhalle und der Dirnitz, Hugo von Ritgen, 1847
    Abb. 3: Entwurf der Südseite des Bergfrieds, der Torhalle und der Dirnitz, Hugo von Ritgen, 1847
  • Abb. 4: Blick auf den Palas, die Neue Kemenate und den Bergfried der Wartburg von Osten. Ernst Pfeiffer, 1857, Fotografie
    Abb. 4: Blick auf den Palas, die Neue Kemenate und den Bergfried der Wartburg von Osten. Ernst Pfeiffer, 1857, Fotografie
  • Abb. 5: Richtfest des Bergfrieds. Bernhard von Arnswald, 1857
    Abb. 5: Richtfest des Bergfrieds. Bernhard von Arnswald, 1857
  • Abb. 6: Phantasiedarstellung der Wartburg, Bernhard von Arnswald, undatiert
    Abb. 6: Phantasiedarstellung der Wartburg, Bernhard von Arnswald, undatiert

Das im Maßstab 1:125 gefertigte Modell besteht neben Kork noch aus Holz, Schiefer, Glas und Moos. Der Werkstoff erscheint erstmal ungewöhnlich. Allerdings gab es schon seit dem 18. Jahrhundert verschiedene italienische Künstler, die vor allem antike Bauten, wie römische Tempel, als Modelle aus Kork hergestellt haben. Sie hatten eine gute Technik entwickelt, den mehr oder weniger porösen Werkstoff Kork mit Schnitzmessern und Feilen zu bearbeiten. Um 1800 gab es sogar einen eigenen Fachbegriff für die Korkbildnerei, die im 19. Jahrhundert auch in Deutschland praktiziert wurde: Phelloplastik. Dass trotz ihrer Zerbrechlichkeit heute noch in vielen Sammlungen Korkmodelle erhalten sind, ist dem Werkstoff zu danken, der im Gegensatz zu den Holzmodellen nicht von holzzerstörenden Insekten bedroht wurde.

Das Wartburgmodell hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Schriftquellen lassen vermuten, dass es im Jahr 1857 durch den Weimarer Hofkonditor August Ißleib angefertigt wurde. Wartburg-Architekt Hugo von Ritgen nennt nämlich anlässlich einer Feier im September 1857 auf der Wartburg „ein von Herrn Hofkonditor Isleib in Weimar gefertigtes Modell, was die Wartburg in ihrer vormaligen und zukünftigen Gestaltung vor Augen führt". Er hat den Ankauf für die Wartburg empfohlen, was jedoch nicht zustande kam. Das Korkmodell wurde im Jahr 1902 von der großherzoglich-sächsischen Bauverwaltung an das Thüringer Museum in Eisenach übergeben und gelangte erst 1946 in den Besitz der Wartburg-Stiftung. Dort geriet es offenbar bald in Vergessenheit und wurde erst in den 1990er Jahren wiederentdeckt, untersucht und restauriert.

Das Modell zeigt im Kernbereich vom Torhaus bis zum Südturm viele Elemente, die das heutige Erscheinungsbild der Burg prägen und auf Entwürfen Hugo von Ritgens basieren. Die äußere Gestalt des Palas, die Neue Kemenate und der Bergfried waren bis 1857, als das Modell entstand, bereits vollendet, andere sollten erst in den folgenden Jahren erneuert werden. Dazu zählen die zweite Torhalle und die Dirnitz, die von 1865 bis 1867 entstanden, das bis 1877 errichtete Gadem sowie das erst 1890 vollendete Ritterbad. Der Torturm, der sich über dem Eingang zur Burg erhebt, war von Ritgen zwar entworfen worden, kam aber nicht zur Ausführung.

Verblüffend sind vor allem die Wehrbauten, die sich westlich unterhalb der Burg und auf der Schanze erstrecken und wuchtige, zinnenbewehrte Mauern, zwei Bergfriede und eine Befestigung umfassen. Für diese Bauten fehlen Vorlagen Hugo von Ritgens. Möglicherweise war hier nicht der Architekt der Ideengeber, sondern Wartburgkommandant Bernhard von Arnswald, der bezüglich des Wartburgmodells im Austausch mit dem Hofkonditor stand. So schreibt Arnswald am 6. August 1857 in seinen Tageblättern, dass Ißleib ihn aufgesucht habe, um die „Ergänzung des Wartburgmodells“ zu besprechen. In mehreren Zeichnungen hat Arnswald eine phantasievolle Bebauung nördlich der Burg festgehalten, die wohl als Vorbild für das Korkmodell diente. Auf diese Weise wurden Realität und Wunschvorstellungen vereint.

Das Korkmodell kann ab dem 21. Juni als eines der Highlightobjekte in der Ausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“ während der Öffnungszeiten im Sonderausstellungsraum der Wartburg besichtigt werden.

Bildunterschriften und -nachweise:

Abb. 1: Das Korkmodell der Wartburg. Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. KH0091
Abb. 2: Das Korkmodell der Wartburg, Ernst Pfeiffer(?), 1858(?), Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. Map_01_030
Abb. 3: Entwurf der Südseite des Bergfrieds, der Torhalle und der Dirnitz, Hugo von Ritgen, 1847, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. BE0088
Abb. 4: Blick auf den Palas, die Neue Kemenate und den Bergfried der Wartburg von Osten. Ernst Pfeiffer, 1857, Fotografie, Feder in Schwarz, Pinsel in Braun, laviert, weiß gehöht. Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. G3837
Abb. 5: Richtfest des Bergfrieds. Bernhard von Arnswald, 1857, Pinsel in Braun, laviert, weiß gehöht, Graphit, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. G1667
Abb. 6: Phantasiedarstellung der Wartburg, Bernhard von Arnswald, undatiert, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. G1642

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