Reproduktion eines Ringpanzerhemdes Hauberk (Ringpanzerhemd), Sebastian Völk, Marco Fremuth, Tobias Stumpf, Janik Lohrmann, 2024, Eisendraht, Ziegenleder, Leingarn, Wartburg-Stiftung, Reproduktion nach Bildvorlage

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Abb. 3: Hauberk (Ringpanzerhemd) in der Sonderausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“
Abb. 3: Hauberk (Ringpanzerhemd) in der Sonderausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“

Frank Schötz, Gästeführer der Wartburg, stellt sein Lieblingsobjekt des Monats April 2025 vor: „1985 las ich als Jugendlicher die Geschichte des Ritters Ivanhoe, der nach den Kreuzzügen inmitten von Konflikten zwischen Sachsen und Normannen um Liebe, Ehre und Gerechtigkeit kämpft. Das Buchcover zierte eine Rittergestalt im Ringpanzer. Ich fühlte mich an diese Erzählung und das Titelbild des Buchs zurückerinnert, als ich in der aktuellen Sonderschau die Rekonstruktion des hochmittelalterlichen Ringpanzers sah.”

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  • Abb. 1: Ivanhoe (Einband) Walter Scott/Gerhard Bunke, 1984, Druck
    Abb. 1: Ivanhoe (Einband) Walter Scott/Gerhard Bunke, 1984, Druck
  • Abb. 2: Goliath und David (Bamberger Psalter) Regensburg (?), 1220–1230, Pergament, Zeichnung in Feder, Deckfarben und Gold, Staatsbibliothek Bamberg, Msc. Bibl. 48, Bl. 63r
    Abb. 2: Goliath und David (Bamberger Psalter) Regensburg (?), 1220–1230, Pergament, Zeichnung in Feder, Deckfarben und Gold, Staatsbibliothek Bamberg, Msc. Bibl. 48, Bl. 63r
  • Abb. 3: Hauberk (Ringpanzerhemd) in der Sonderausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“
    Abb. 3: Hauberk (Ringpanzerhemd) in der Sonderausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“
  • Abb. 4: Hauberk (Ringpanzerhemd) in der Sonderausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“
    Abb. 4: Hauberk (Ringpanzerhemd) in der Sonderausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“

Wamba, der Narr am Hof von Ivanhoes Vater, trifft zu Beginn der Erzählung von Sir Walter Scott auf eine kleine Schar Reisender, unter anderem einen Abt mit mysteriösem Begleiter. Der Begleiter trägt als Obergewand zwar einen der Mönchskleidung ähnlichen Mantel, doch darunter verbergen sich „ein Panzerhemd mit Ärmeln und Handschuhen, das auf sinnreiche Weise so gearbeitet und gewebt war, daß es den Bewegungen des Körpers so schmiegsam folgte, wie jene auf dem Webstuhl aus weicherem Stoff gefertigten Hemden.“ Wenn sich Scott auch in den Beschreibungen der Ritterrüstungen eher sparsam gibt, passt die Beschreibung des geschmeidigen Ringpanzers gut ins England des 12. Jahrhunderts, der Zeit, in der der Roman spielt.

Eine bildhafte Vorstellung des damaligen Rüstzeugs bietet das Titelbild der 1984 in der DDR erschienenen Ivanhoe-Ausgabe (Abb. 1). Es ähnelt auffallend der bekannten Illustration des knienden Ritters im Westminster Psalter aus dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts. In der rund zweihundertjährigen Geschichte von Ivanhoe-Nachdrucken, bei denen die Cover oft Ritter im Plattenharnisch des 14. und 15. Jahrhunderts zeigen, vermittelt die DDR-Ausgabe ein deutlich glaubhafteres Bild hochmittelalterlicher Krieger.

Die Geschichte des Ringpanzers beginnt freilich weit vor dem Mittelalter: Belegt ist er für die Vorrömische Eisenzeit, früheste Nachweise lassen sich aus dem keltischen Kulturraum erbringen. Im Frühmittelalter ließ seine Verbreitung zeitweise nach – ohne jemals gänzlich zurückzugehen. Die Renaissance des Ringpanzers erfolgte im Hochmittelalter. Nun gehörte er zur typischen Ausrüstung adliger Panzerreiter und des vermögenden Fußvolkes. In jener Zeit reichte der Schutzbereich des Ringpanzers häufig bis knapp unter die Knie, wobei auch Kopf, Hände und Beine in das eiserne Geflecht integriert wurden.
Der Ringpanzer vereint einen hohen Grad an Beweglichkeit mit effektivem Schutz vor Hieben, Stichen und sogar schwachen Pfeilschüssen. Fortschritte in der Metallverarbeitung ermöglichten die allmähliche Ablösung des Ringpanzers durch zunehmend vollständigere Plattenharnische im Spätmittelalter, in denen Kettengeflechte allerdings auch weiterhin eine Rolle spielten.

Die aktuelle Sonderausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“ zeigt die detailgetreue Rekonstruktion eines hochmittelalterlichen Ringpanzers, auch Hauberk genannt. Sie beruht im Wesentlichen auf einer Darstellung im sogenannten Bamberger Psalter (Abb. 2). Zwischen 1220 und 1230 verewigte der Illustrator den biblischen Kampf des mit der Schleuder bewaffneten Davids gegen Goliath. Während David barfüßig und nur in leichtes Tuch gekleidet um den Riesen tänzelt, ragt Goliath, durch zeitgenössisches Kettengeflecht, Nasalhelm und Dreiecksschild geschützt, bedrohlich in der Bildmitte auf.

In den knielangen Hauberk (Abb. 3, 4) sind Fäustlinge aus Ziegenleder eingearbeitet. Eine angesetzte Ringpanzerhaube mit Schnürung dient als Kopfschutz. Das Ringgeflecht besteht in etwa zur Hälfte aus fest geschlossenen Eisenblechringen, während die andere Hälfte aus formbarem Draht gefertigt ist. Ein Ring umschließt jeweils vier andere. Stabilität und Schaukampftauglichkeit erhält der Ringpanzer durch Vernietung der Kettenringe an den ansonsten offenen Enden.

Der Ringpanzer in der Sonderausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“ ist zu den Öffnungszeiten zu besichtigen.

Abbildungsunterschriften und -nachweise:

Abb. 1: Ivanhoe (Einband) Walter Scott/Gerhard Bunke, 1984, Druck, Abbildung mit freundlicher Genehmigung booksworthlooks (ebay)
Abb. 2: Goliath und David (Bamberger Psalter) Regensburg (?), 1220–1230, Pergament, Zeichnung in Feder, Deckfarben und Gold, Staatsbibliothek Bamberg, Msc. Bibl. 48, Bl. 63r
Abb. 3, 4: Hauberk (Ringpanzerhemd) in der Sonderausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Rainer Salzmann

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