Fotografische Zeugnisse der Elisabethkemenate im Palas der Wartburg

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Abb. 1: Die Elisabethkemenate im Palas der Wartburg vor der Anbringung des Mosaiks  Hans Lucas von Cranach, vor 1901, Fotografie
Abb. 1: Die Elisabethkemenate im Palas der Wartburg vor der Anbringung des Mosaiks Hans Lucas von Cranach, vor 1901, Fotografie

Rainer Salzmann, Fotograf und Mitarbeiter der Fotothek, stellt seine Lieblingsobjekte des Monats März 2025 vor: „In den letzten zwei Jahren konnten wir zahlreiche Abzüge, Glasnegative, Dias und Filmstreifen aus der Wartburg-Fotothek digitalisieren. Unter den hochaufgelösten Digitalisaten der historischen Fotos gibt es überraschende Neuentdeckungen. Und sie zeigen immer wieder auch bislang unbekannte Details.“

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  • Abb. 1: Die Elisabethkemenate im Palas der Wartburg vor der Anbringung des Mosaiks  Hans Lucas von Cranach, vor 1901, Fotografie
    Abb. 1: Die Elisabethkemenate im Palas der Wartburg vor der Anbringung des Mosaiks Hans Lucas von Cranach, vor 1901, Fotografie
  • Abb. 2: Entwurf von August Oetken für ein Mosaik in der Ostwand der Elisabethkemenate,  Hans Lucas von Cranach (?), um 1904, Glasnegativ, Fotografie
    Abb. 2: Entwurf von August Oetken für ein Mosaik in der Ostwand der Elisabethkemenate, Hans Lucas von Cranach (?), um 1904, Glasnegativ, Fotografie
  • Abb. 3: Die Elisabethkemenate mit Kartons von August Oetken an der Südwand Hans Lucas von Cranach (?), 1902, Fotografie
    Abb. 3: Die Elisabethkemenate mit Kartons von August Oetken an der Südwand Hans Lucas von Cranach (?), 1902, Fotografie
  • Abb. 4: Ein Mitarbeiter der Glasmosaikfirma Puhl und Wagner bei der Anbringung des Mosaiks an der Nordwand der Elisabethkemenate Hans Lucas von Cranach (?), 1904, Fotografie, 17 x 12 cm
    Abb. 4: Ein Mitarbeiter der Glasmosaikfirma Puhl und Wagner bei der Anbringung des Mosaiks an der Nordwand der Elisabethkemenate Hans Lucas von Cranach (?), 1904, Fotografie, 17 x 12 cm
  • Abb. 5: Die Ostwand der Elisabethkemenate mit den Kartons von August Oetken in den Bogenfeldern Hans Lucas von Cranach, 1904, Fotografie
    Abb. 5: Die Ostwand der Elisabethkemenate mit den Kartons von August Oetken in den Bogenfeldern Hans Lucas von Cranach, 1904, Fotografie
  • Abb. 6: Die Elisabethkemenate mit fertiggestelltem Mosaik Hans Lucas von Cranach (?), nach 1906, Glasnegativ
    Abb. 6: Die Elisabethkemenate mit fertiggestelltem Mosaik Hans Lucas von Cranach (?), nach 1906, Glasnegativ
  • Abb. 7: Die Elisabethkemenate im Palas der Wartburg nach Süden 2024, Fotografie
    Abb. 7: Die Elisabethkemenate im Palas der Wartburg nach Süden 2024, Fotografie

Seit einigen Tagen wird in der Predigerkirche des Thüringer Museums Eisenach eine Kabinettausstellung mit historischen Fotografien von Gedenkorten der heiligen Elisabeth auf der Wartburg gezeigt. Wir haben dafür die Bestände der Fotothek durchforstet und sind auf bislang kaum bekannte historische Bilder gestoßen, über die sich spannende Geschichten erzählen lassen. So etwa bei der Elisabethkemenate im mittelalterlichen Palas. Dieser Raum ist schon seit Jahrhunderten ein Gedenkort der Heiligen. 1669 wurde er als „Fräul. Elisabethen Camin Stuben“ im Burginventar verzeichnet. Im 19. Jahrhundert ist die Kemenate zu einem Wohnraum gestaltet worden, im dem alles an die Heilige erinnern sollte (Abb. 1). Die Wände und Gewölbe waren mit schwebenden Engeln, dem lateinischen Glaubensbekenntnis, einer Kreuzigungsszene und goldenen Sternen auf blauem Grund bemalt. Unter den Bogenfeldern war ein Teppichbehang angebracht, der nach Mustern von  einem Seidengewebe aus dem Marburger Elisabethschrein gefertigt war. Außerdem waren kostbare Möbel und Kunstwerke aus der Sammlung des Großherzogs aufgestellt: Es gab Elisabeth-Statuetten, mittelalterliche Handschriften, sogar eine Reliquie und Textilien. Zum Beispiel hing dort auch der um 1480 entstandene sogenannte Elisabethteppich, der heute im Museum zu finden ist.

Allerdings hat sich das Bild des Raums schon sehr bald ganz entscheidend gewandelt, und zwar als Wilhelm II. sich entschlossen hat, der Wartburg ein kaiserliches Geschenk in Form eines Mosaiks über die heiligen Elisabeth zu machen. Die Kartons genannten Entwürfe in Originalgröße hat der Maler August Oetken geschaffen (Abb. 2). Das Bildprogramm wurde hauptsächlich Georg Voss, dem Konservator der Kunstdenkmäler Thüringens, bestimmt. Die beiden wurden tatkräftig unterstützt von Burghauptmann Hans Lucas von Cranach, von dem auch die meisten großartigen Fotos aus der Zeit des Einbaus des Mosaiks stammen. So hat Cranach 1902, als man gerade ein paar Monate am Einbau gearbeitet hat, den Raum so abgelichtet, wie er Kaiser Wilhelm II. bei einem Jagdaufenthalt auf der Burg vorgeführt worden ist (Abb. 3). Man hat nämlich vor seiner Ankunft fieberhaft an der Fertigstellung der ersten Mosaikfelder gearbeitet. Das Mosaik im Gewölbe und an der unteren Wandfläche der Südwand waren fertig, die Bilder mit Elisabeths Geschichte jedoch noch nicht. Dafür wurden die Kartons in den Bogenfeldern angebracht und der Raum wieder eingerichtet.

Jedes Jahr sind weitere Bilder von den Mitarbeitern der Deutschen Glasmosaik-Gesellschaft Puhl & Wagner gesetzt worden (Abb. 4). In den Arbeitspausen wurden allerdings die Möbel und anderen Ausstattungsstücke immer wieder aufgestellt, denn schon seit Mai 1902 war die Elisabethkemenate auf Wunsch und für ein zusätzliches Eintrittsgeld öffentlich zu besichtigen. Bis Oktober des Jahres 1902 haben übrigens bereits 1530 Besucher die Kemenate besucht. Zur Fertigstellung im Jahr 1906 waren es schon 18 308 von insgesamt 84 816 Gästen, also etwa jeder fünfte Gast. Um dem Kaiser die Fortschritte „seines“ Kunstwerks vor Augen zu führen, wurden bis dahin die Kartons bei seinen Besuchen auch weiterhin in die Bogenfelder gesetzt (Abb. 5). Wenn man genau hinschaut, kann man die Nägel erkennen, mit denen die Entwürfe am Holzrahmen befestigt waren.

Mit Neubau des Kamins aus Marmor und der Anbringung des letzten Mosaikfelds auf dem Kaminmantel war die Neugestaltung der Elisabethkemenate schließlich vollendet, und bis heute bewundern die Gäste beim Rundgang durch den Palas besonders auch diesen prachtvollen Raum (Abb. 6, 7).

In der Eisenacher Predigerkirche sind bis zum 1. Mai  2025 in der Kabinettausstellung „Elisabeth. Eine Spurensuche in den historischen Fotografien der Wartburg“ weitere eindrucksvolle Wartburgfotografien aus dem beginnenden 20. Jahrhundert zu besichtigen. So etwa stimmungsvolle Bilder vom Elisabethplan, vom früheren Elisabethenzimmer, aber auch Momentaufnahmen aus einem Stummfilm über die Heilige, der 1926 hier auf der Wartburg gedreht wurde. Besonderes Highlight: Der Stummfilm wird auch gezeigt!

Das Digitalisierungsprojekt der Bestände der Fotothek der Wartburg ist der Förderung der Thüringer Staatskanzlei zu verdanken und wurde in Kooperation mit der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek durchgeführt.

Abbildungsunterschriften und -nachweise:

Abb. 1: Die Elisabethkemenate im Palas der Wartburg vor der Anbringung des Mosaiks Hans Lucas von Cranach, vor 1901, Fotografie, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. Map_04_016

Abb. 2: Entwurf von August Oetken für ein Mosaik in der Ostwand der Elisabethkemenate, Hans Lucas von Cranach (?), um 1904, Glasnegativ, Fotografie, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. PI_01_0303_C

Abb. 3: Die Elisabethkemenate mit Kartons von August Oetken an der Südwand, Hans Lucas von Cranach (?), 1902, Fotografie, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. Alb_02_05_11.3

Abb. 4: Ein Mitarbeiter der Glasmosaikfirma Puhl und Wagner bei der Anbringung des Mosaiks an der Nordwand der Elisabethkemenate, Hans Lucas von Cranach (?), 1904, Fotografie, 17 x 12 cm Wartburg-Stiftung, Fotothek, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. PI_01_0249_C

Abb. 5: Die Ostwand der Elisabethkemenate mit den Kartons von August Oetken in den Bogenfeldern, Hans Lucas von Cranach, 1904, Fotografie, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. Map_04_004

Abb. 6: Die Elisabethkemenate mit fertiggestelltem Mosaik, Hans Lucas von Cranach (?), nach 1906, Glasnegativ, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Inv.-Nr. PI_03_0280_E

Abb. 7: Die Elisabethkemenate im Palas der Wartburg nach Süden, 2024, Fotografie, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Foto: Rainer Salzmann

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