Elisabethpsalter, Monat Dezember Wartburg-Stiftung, Bibliothek, Sig. WEG 1000a, Faksimile

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Abb. 2: Elisabethpsalter (Faksmilie), Monat Dezember im Kalendarium
Abb. 2: Elisabethpsalter (Faksmilie), Monat Dezember im Kalendarium

Lissy Bott, Museumspädagogin/Kulturvermittlerin auf der Wartburg, stellt ihr Lieblingsobjekt des Monats Dezember 2024 vor: „Mittelalterliche Psalterien wie dieser sind nicht nur wegen ihrer prachtvollen Gestaltung eine Augenweide, sie geben uns heute auch Aufschluss über das Leben am Landgrafenhof und über deren Besitzerin Sophie von Wittelsbach (1170–1238) – eine Frau, die meiner Meinung nach zu oft in den Schatten ihres Ehemanns Landgraf Hermann I. gestellt wird."

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  • Abb. 1: Elisabethpsalter (Faksmilie), links: Marienkrönung und Marientod mit Notenzeichnungen am Rand, rechts: Initiale
    Abb. 1: Elisabethpsalter (Faksmilie), links: Marienkrönung und Marientod mit Notenzeichnungen am Rand, rechts: Initiale
  • Abb. 2: Elisabethpsalter (Faksmilie), Monat Dezember im Kalendarium
    Abb. 2: Elisabethpsalter (Faksmilie), Monat Dezember im Kalendarium
  • Abb. 3: Elisabethpsalter (Faksmilie), Anbetung des Agnus Dei, unten: Landgraf Hermann I. und Landgräfin Sophie mit ihren Hofdamen
    Abb. 3: Elisabethpsalter (Faksmilie), Anbetung des Agnus Dei, unten: Landgraf Hermann I. und Landgräfin Sophie mit ihren Hofdamen

Dass dieses prachtvolle, kurz nach 1200 entstandene Gebetbuch Elisabethpsalter genannt wird, erklärt sich daraus, dass Landgräfin Sophie den Psalter ihrer Schwiegertochter Elisabeth schenkte, mit der sie wohl auch aktives Naturell und große Frömmigkeit teilte. Elisabeth beschloss ihr Leben in religiöser Armut als einfache Hospitalschwester in Marburg. Sophie zog sich nach dem Tod Hermanns in das Eisenacher Katharinenkloster zurück. Urkunden bezeugen, dass sie zwar ein Gelübde ablegte, Witwe zu bleiben, jedoch der Welt nicht entsagte, sondern weiterhin Aufgaben der Landesfürstin wahrnahm.
Die 1235 heiliggesprochene Elisabeth hatte das Buch vermutlich ihrem Onkel Berthold von Aquileia geschenkt. So gelangte es in den Domschatz von Cividale und wurde dort als Reliquie der Heiligen verehrt. Heute befindet sich der originale Band im dortigen Museo Archeologico Nazionale (MS. CXXXVII).

Psalterien sind Bücher, in denen seit dem 4. Jahrhundert die biblischen Psalmen aufgezeichnet waren, die in Gottesdiensten vorgetragen wurden. Während diese eindrucksvoll gestalteten Gebetbücher zunächst also den Geistlichen vorbehalten waren, handelt es sich beim Elisabethpsalter wohl um einen der ersten im deutschsprachigen Raum, der für eine Angehörige des weltlichen Hochadel gefertigt wurde. Neben den Psalmen findet man den Kalender des Kirchenjahres, Gebete des Alten und Neuen Testaments, die Allerheiligenlitanei und das Totenoffizium. Allerdings erscheint seine überaus bildprächtige Gestaltung so einzigartig, als würde sie noch keiner Gestaltungstradition folgen.

Es ist gut vorstellbar, dass Landgräfin Sophie als Besitzerin dieser kostbaren Handschrift andächtig in die kunstvollen Bilder versunken war und vor allem auch in der Weihnachtszeit Gebete daraus gesungen hat.

Schauen wir uns also eine Dezemberseite im Kalender mal genauer an: Ein einziger Blick genügt, um festzustellen, dass nicht nur die Initialen – die reich verzierten Buchstaben, die am Beginn eines Textes oder Textabschnitts stehen – reich geschmückt sind, sondern auch zahlreiche kunstvoll detaillierte Bildchen, die sogenannten Miniaturen, Geschichten erzählen. Unter der Überschrift „Decemb.“ sind die Gedenktage der Heiligen aufgelistet. In den drei Bögen darüber sind die Initiale, die für den Monat Dezember typische Arbeit – das Schlachten – und das Tierkreiszeichen, der Steinbock, dargestellt. Neben dem Schriftteil werden die zwei Kirchenfeste des Dezember illustriert: Mit einer Szene aus seiner Vita wird oben an den heiligen Nikolaus erinnert. Mit diesem bedeutenden Heiligen sind viele kirchliche und weltliche Bräuche verbunden. Im Mittelalter war er Geschenkebringer und die Weihnachtsbescherung fand am 6. Dezember statt. Die Darstellung unten zeigt ein besonders wichtiges Ereignis des Kirchenjahres: die Geburt Christi. Das kleine Jesuskind liegt in einer Krippe, der heilige Josef wie auch Esel und Ochse wachen darüber. Auf Decken gebettet liegt im Vordergrund die heilige Mutter Maria mit goldenem Heiligenschein. Umgeben wird die im romanischen Zackenstil gestaltete Miniatur vom einem bunten Zierrahmen. Wie eingangs erläutert, diente die reiche Bebilderung der Kalender, Gebete und Gesänge als Unterstützung der Andacht durch die lesenden Gläubigen. Dies sollte sowohl dem eigenen Seelenheil als auch dem der im Gebet Bedachten zugutekommen. So wurden für Landgräfin Sophie auf den ersten leer gebliebenen Seiten zwischen Kalender und Bilderreihenfolge Gebete zu den wesentlichen Heilsgeschehnissen des neuen Testaments eingetragen, die teilweise auch dezidiert auf das Wohl und Seelenheils ihres Ehemannes Hermanns I. ausgerichtet waren. Sie selbst wie auch ihr Gemahl Hermann sind auf einer Seite in Anbetung des Lamm Gottes dargestellt.

Auch in dem kurze Zeit später eigens für Sophie gestalteten Landgrafenpsalter sind die beiden zu sehen. Beide Psalter wurden vermutlich in einer klösterlichen Schreibschule im Umfeld des Klosters Reinhardsbrunn angefertigt. Sie sind derzeit als Faksimiles in der Sonderausstellung „Von der Wartburg ins Thüringer Burgenland“ zu bewundern.

Die Tatsache, dass große Teile der Texte auf Latein geschrieben und auch entsprechend gelesen wurden, lässt annehmen, dass Sophie der lateinischen Sprache mächtig gewesen sein muss. Kleine mittelalterliche Notenzeichnungen, die extra in das kunstvolle Werk eingetragen wurden, zeigen uns, dass die Gebete überwiegend gesungen wurden. Sie sind in einer Mischung von Volkssprache und Latein festgehalten und erinnern damit an unsere Weihnachtslieder heute, wie zum Beispiel „Hört der Engel helle Lieder“.

Verlieren Sie sich gerne ebenso andächtig in den fast 800 Jahre alten Malereien der Weihnachtsgeschichte. Es sei Ihnen eine schöne und besinnliche Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest gewünscht.

Bildunterschriften und -nachweise:

Abb.1: Elisabethpsalter (Faksimile), Wartburg-Stiftung, Bibliothek, Sig. WEG 1000a, fol. 117v und 118r, links: Marienkrönung und Marientod mit Notenzeichnungen am Rand, rechts: Initiale, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Rainer Salzmann

Abb.2: Elisabethpsalter (Faksimile), Wartburg-Stiftung, Bibliothek, Sig. WEG 1000a, fol.7r, Monat Dezember im Kalendarium, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Rainer Salzmann

Abb.3: Elisabethpsalter (Faksimile), Wartburg-Stiftung, Bibliothek, Sig. WEG 1000a, fol.171r, Anbetung des Agnus Dei, unten: Landgraf Hermann I. und Landgräfin Sophie mit ihren Hofdamen, Wartburg-Stiftung, Fotothek, Rainer Salzmann

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