Tafeln mit Heiligenfiguren aus dem ehemaligen Harsdörferschen Haus in Nürnberg

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Blick in die Obere Vogteistube der Wartburg mit den Heiligentafeln an der Wand, Anfang 20. Jh., Wartburg-Stiftung, Fotothek
Blick in die Obere Vogteistube der Wartburg mit den Heiligentafeln an der Wand, Anfang 20. Jh., Wartburg-Stiftung, Fotothek

Daniel Miksch, wissenschaftlicher Mitarbeiter, stellt sein Lieblingsobjekt des Monats März vor:

„Unter den zahlreichen sakralen Kunstwerken in der Kunstsammlung der Wartburg stechen die Nothelfertafeln aus Nürnberg besonders heraus. Die insgesamt neun Tafeln, die elf Heilige zum Schutz des Hauses und seiner Bewohner abbilden, stellen ganz besondere Schätze der Kunstgeschichte und der spätmittelalterlichen Frömmigkeit dar, weswegen sie mein Objekt des Monats März sind.“

Galerie

  • Blick in die Obere Vogteistube der Wartburg mit den Heiligentafeln an der Wand, Anfang 20. Jh., Wartburg-Stiftung, Fotothek
    Blick in die Obere Vogteistube der Wartburg mit den Heiligentafeln an der Wand, Anfang 20. Jh., Wartburg-Stiftung, Fotothek
  • Tafeln mit dem Heiligen Georg, der Heiligen Katharina und der Heiligen Barbara, Wartburg-Stiftung Eisenach, Kunstsammlung, Inv.-Nr. M0009 f–h
    Tafeln mit dem Heiligen Georg, der Heiligen Katharina und der Heiligen Barbara, Wartburg-Stiftung Eisenach, Kunstsammlung, Inv.-Nr. M0009 f–h
  • Tafeln mit dem Heiligen Eustachius, Maria mit dem Kind und dem Heiligen Christophorus, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. M0009 c-e
    Tafeln mit dem Heiligen Eustachius, Maria mit dem Kind und dem Heiligen Christophorus, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. M0009 c-e

Als Nothelfer werden üblicherweise 14 Heilige bezeichnet, die Gott vor ihrem Märtyrertod gebeten haben sollen, demjenigen Hilfe zu gewähren, der in ihrem Namen darum bittet. Ihre Verehrung ist bereits seit dem 9. Jahrhundert bezeugt, geschah aber vor allem seit dem Hochmittelalter. Dabei sind die Nothelfer keine feste Heiligengruppe, sondern können in ihrer Zusammensetzung variieren und in ihrer Anzahl auch die 14 überschreiten. Als Nothelfer waren sie überdies bedeutsam, da sie als Patrone für besondere Personengruppen einstehen und mit ihnen eine gewisse Schutzwirkung einhergehen sollte. So sollte der hl. Christophorus etwa – der heute häufig als Patron der Reisenden in Form von Kleinstdarstellungen in Verkehrsmitteln mitgeführt wird – ursprünglich gegen Dürre, Unwetter, die Pest und vor Unfällen schützen, die hl. Katharina hingegen als Patronin der Mädchen, Jungfrauen und Schüler Hilfe bei Krankheiten aller Art gewähren.

Die Tafeln aus Nürnberg zeigen Maria mit dem Kind, Christophorus, Barbara, Katharina, Eustachius, Georg, Pantaleon und Eligius (auf einer Tafel), Vitus und Bernhard (auf einer Tafel) sowie Hieronymus (auf der Rückseite einer Tür). Sie stammen aus der Zeit um 1500, haben eine fränkische Provenienz und sind mit je über 2 Metern Größe und knapp 35 Zentimetern Breite sehr eindrucksvoll. Die spätgotischen Heiligenfiguren sind farbig in Öl auf die Holztafeln gemalt, jede für sich steht wie eine Statue auf einem Sockel, darunter sind florale Muster als Verzierung aufgemalt und die Tafeln sind mit hölzerner Umrandung und einem kunstvollen Dreipass am Kopf versehen. Zu erkennen sind die dargestellten Heiligen anhand ihrer Attribute: Barbara mit dem Kelch, Eustachius mit dem Hirschkopf, Georg mit Lanze und Schild und Bernhard mit dem Buch. Der heilige Georg indes ist als Patron des Schwertadels und der Kreuzfahrer eine immer wiederkehrende Heiligenfigur, die als Stadtpatron von Eisenach hier natürlich besondere Erwähnung finden muss.

Ursprünglich stammen die Tafeln aus der Hauskapelle des Harsdörferschen Hauses in Nürnberg, aus dem ebenfalls der Nürnberger Erker auf die Wartburg kam, der die Vogtei im ersten Burghof ziert. Als dieses Haus in der Nürnberger Adlerstraße 1872 abgebrochen wurde, kaufte Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach den Chor (Nürnberger Erker) und die Wandvertäfelungen als Geschenk für ihren Gemahl Carl Alexander. Für viele Jahre prägten sie das Erscheinungsbild der Oberen Vogteistube, die Carl Alexander als Bibliothek nutzte. Im Zuge der umfassenden Restaurierung der 1950er Jahre, der viele Ausstattungsstücke des 19. Jahrhunderts zum Opfer fielen, wurden die Nothelfertafeln entfernt. Nach einiger Zeit im Depot sind sechs der Heiligentafeln seit 2018 in der Dauerausstellung im Museum der Wartburg ausgestellt, welches sie hoffentlich genauso wie ihren früheren Standort vor Unfällen und schlimmen Ereignissen bewahren mögen.

Hoffen wir, dass die Nothelfertafeln bald wieder zu den Öffnungszeiten des Museums der Wartburg besichtigt werden können.

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