Gutenbergpresse, Druckstock und bewegliche Lettern in der Druckwerkstatt

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Druckerpresse, Nachbau, Andreas Schmidt, Waldhufen, 2015, Holz und Eisen, Wartburg-Stiftung
Druckerpresse, Nachbau, Andreas Schmidt, Waldhufen, 2015, Holz und Eisen, Wartburg-Stiftung

Claudia Meißner, Museumspädagogin der Wartburg, stellt ihre Lieblingsobjekte des Monats August 2022 vor:

„Luther wuchs zur Zeit der Medienrevolution ‚Buchdruck‘ auf. Ohne Gutenbergs geniale Idee wäre sein großes Werk, welches er auf der Wartburg schuf, nur einem kleinen Kreis zugänglich gewesen. Mit unseren Hands-on Exponaten wird dieser wichtige Zusammenhang als Teil unserer Vermittlungsarbeit wortwörtlich begreifbar.“

Galerie

  • Druckerpresse, Nachbau, Andreas Schmidt, Waldhufen, 2015, Holz und Eisen, Wartburg-Stiftung
    Druckerpresse, Nachbau, Andreas Schmidt, Waldhufen, 2015, Holz und Eisen, Wartburg-Stiftung
  • Druckstock und Abzug mit dem Motiv der sog. Wartburgbibel, Museum für Druckkunst Leipzig, 2021, Wartburg-Stiftung
    Druckstock und Abzug mit dem Motiv der sog. Wartburgbibel, Museum für Druckkunst Leipzig, 2021, Wartburg-Stiftung
  • Druckstock und Abzug mit dem Motiv der sog. Wartburgbibel, Museum für Druckkunst Leipzig, 2021, Wartburg-Stiftung
    Druckstock und Abzug mit dem Motiv der sog. Wartburgbibel, Museum für Druckkunst Leipzig, 2021, Wartburg-Stiftung
  • Bewegliche Lettern aus Blei, frühes 20. Jahrhundert, Historisches Museum Bielefeld
    Bewegliche Lettern aus Blei, frühes 20. Jahrhundert, Historisches Museum Bielefeld

Ausprobieren geht vor Berühren geht vor Betrachten geht vor reinem Erzählen und Zuhören. Diese Kernidee der museumspädagogischen Philosophie auf der Wartburg wird in der Druckwerkstatt erlebbar, eine von zwei Mitmachausstellungen im Rahmen der Sonderausstellung „Luther übersetzt. Von der Macht der Worte“ (04.05.2022–06.11.2022). Wo unsere wertvollen Exponate sonst oft aus konservatorischer Notwendigkeit hinter Glas geschützt liegen müssen, heißt es hier: Hands-on absolut erwünscht!

Im Zentrum steht der Nachbau einer Gutenbergpresse, die bereits anlässlich des Lutherjubiläums 2017 in Auftrag gegeben wurde. Der eingespannte Druckstock entstand für eine Dokumentation des MDR und wurde 2021 der Wartburg-Stiftung überlassen. Er zeigt das Titelblatt der Wartburgbibel – einem der kostbarsten Schätze der Wartburgbibliothek aus dem Jahr 1541 mit handschriftlichen Eintragungen von Martin Luther und seinen Mitreformatoren. Besucherinnen und Besucher sind herzlich eingeladen, sich selbst als Druckmeisterinnen und -meister zu versuchen und einen Abdruck mit nach Hause zu nehmen.

Dass wir Gutenbergs und Luthers großes Werk in der Ausstellung zum 500. Jubiläum von Luthers Übersetzung des Neuen Testaments zusammenbringen, liegt auf der Hand: Ohne Buchdruck wären Luthers rund 3000 im September 1522 veröffentlichte Exemplare (daher der Name „Septembertestament“) und damit sein durchschlagender Erfolg wohl kaum denkbar gewesen. Luther selbst gehörte, wie es der Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann ausdrückt, zu den „Printing Natives“ und somit zur ersten Generation derer, die mit dem Buchdruck aufgewachsen waren. Die Ausstellungstexte in unserer Druckwerkstatt zeichnen nach, wie Gutenbergs geniale Idee, der Druck mit beweglichen Lettern, die Gesellschaft im Kern revolutionierte: So waren subversive Gedanken gedruckt kaum mehr aufzuhalten und auch Fake News und Hatespeech machten im neuen Massenmedium über Flugblätter erstmals im großen Stil die Runde. Und natürlich explodierte der Büchermarkt: 1550 erschienen in Westeuropa bei einer Druckleistung von über 300 Seiten am Tag pro Druckpresse drei Millionen Bücher; das waren mehr, als im gesamten 14. Jahrhundert geschrieben wurden. Das Verfassen eigener Werke wurde nunmehr dem Abschreiben vorgezogen und natürlich profitierten Studenten, Doktoren und Autodidakten – wie Luther selbst, der das Hebräische bekanntlich auch während seines Wartburgaufenthalts anhand eines gedruckten Psalters übte.

Die beweglichen Lettern selbst sind in Form von einhundert Jahre alten Leihgaben aus Blei und Holz selbstverständlich ebenso Teil der Mitmachausstellung. Sie ermöglichen es, Texte in ihre kleinsten Bestandteile aufzuschlüsseln und schnell neu zu kombinieren, anstatt – wie im zeitgleich angewandten Blockbuchdruck – Texte im Ganzen ins Holz zu schnitzen. In unseren Programmen dürfen die Schülerinnen und Schüler die Lettern zur genauen Untersuchung aus den Vitrinen nehmen und selbstverständlich einen Probedruck wagen. So wird Geschichte direkt erfahrbar.

Die Druckwerkstatt kann zwischen 9:00 Uhr und 17:00 Uhr kostenfrei besichtigt werden. Für den Druck wird eine kleine Unkostenpauschale von 1,00 € erhoben. Kinder- und Jugendgruppen können die Druckwerkstatt zudem im Rahmen von Workshops besuchen.

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