Das Ritterbad

Zurück

Das Ritterbad der Wartburg, Fotografie
Das Ritterbad der Wartburg, Fotografie, © Wartburg-Stiftung, Rainer Salzmann

Andrea Heurich, Leiterin der touristischen Dienste der Wartburg, stellt ihr Lieblingsobjekt des Monats Oktober 2022 vor:

„Das Ritterbad ist mein Lieblingsobjekt auf der Wartburg, weil dieses Bauwerk als ein Stück Zeitgeschichte und Zeitgeschmack des 19. Jahrhunderts ganz besonders gut eine romantische Vorstellung vom Mittelalter verkörpert.“

Galerie

  • Das Ritterbad der Wartburg, Fotografie
    Das Ritterbad der Wartburg, Fotografie, © Wartburg-Stiftung, Rainer Salzmann
  • Das Ritterbad der Wartburg
    Das Ritterbad der Wartburg, Fotografie, © Wartburg-Stiftung, Rainer Salzmann
  • Das Ritterbad der Wartburg
    Das Ritterbad der Wartburg, Fotografie, © Wartburg-Stiftung, Rainer Salzmann
  • Blick in das Innere des Ritterbades, Hugo von Ritgen, 1858, Aquarell, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. BE0277
    Blick in das Innere des Ritterbades, Hugo von Ritgen, 1858, Aquarell, Wartburg-Stiftung, Kunstsammlung, Inv.-Nr. BE0277

Wenn man sich den Palas, das prächtige Wohn- und Repräsentationsgebäude der Landgrafen von Thüringen aus dem 12. Jahrhundert mit seinen Arkadenstellungen und den scheinbar zahllosen, fein gearbeiteten Kapitellen anschaut, bekommt man ein Gefühl dafür, dass die Landgrafen von Thüringen mächtige Herrscher gewesen sein müssen. Und dass die Reichsfürsten, immerhin verwandt mit dem staufischen Kaiserhaus, standesgemäß gebadet haben, scheint sich da von selbst zu verstehen. Das Ritterbad am südlichen Ende des Palas hat auf den ersten Blick alle Eigenschaften eines romanischen Bauwerks. Wie am Palas findet man auch hier die charakteristischen Rundbogenstellungen und einen Fries aus kleinen Rundbögen aus Sandstein. Das Ritterbad wirkt ganz so, als wäre es schon zu Zeiten der Landgrafen hier gewesen.

Körperpflege gehörte natürlich zu den Bedürfnissen der Menschen des Mittelalters. In den Städten gab es hierfür Badehäuser, die man aufsuchen konnte und auch auf Burgen waren solche Einrichtungen vorhanden. Im Gegensatz zu den Überlieferungen in Chroniken und mittelhochdeutschen Dichtungen sind allerdings die archäologischen Funde ziemlich spärlich. Erst im Spätmittelalter lassen sich die Badehäuser oder -stuben zuverlässig nachweisen und die Baurechnungen berichten häufig über Reparaturen dort. Genauso verhält es sich auf der Wartburg, wo beispielsweise in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Öfen, Fenster und ein verfaulter Dielenboden im kombinierten Back- und Badehaus repariert werden mussten.

Das alles wusste auch der Wartburgarchitekt Hugo von Ritgen, er kannte den Ort, an dem in den 1840er Jahren die Reste eines alten Baus bei Ausgrabungen im Boden gefunden worden waren. Dass das mittelalterliche Bad an der Südseite des Palas gewesen sein musste, fand er außerdem einleuchtend: Eine alte Tür, die von der Südseite des Palas ins Bad geführt haben musste, war noch vorhanden und die unmittelbare Nähe zur Zisterne ermöglichte die Wasserzufuhr ohne größeren Aufwand. Bereits in seinen ersten Entwürfen aus dem Jahr 1847 hat Ritgen das Ritterbad an dieser Stelle eingezeichnet. 1858 fertigte er ein Aquarell, dass einen Blick ins Innere gewährt. Für seine zweigeschossige Architektur mit Rundbogenstellungen, die ein tieferliegendes Bassin umgeben, hatte Ritgen zwar Elemente der ihm bekannten mittelalterlichen Bäder, den Baños árabes im spanischen Gerona (Girona) und der Mikwe im hessischen Friedberg, als Anregungen übernommen, aber dieses luxuriöse Ritterbad hat dennoch wenig mit mittelalterlichen Badeeinrichtungen und -gewohnheiten zu tun. Kein Wunder also, dass der Monarch, dessen Schlösser und Burgen als „gebaute Träume“ bis heute unzählige Menschen anziehen, eine solche Idealarchitektur in seinem Palas auf Schloss Neuschwanstein haben wollte. Eduard Riedel, der 1868 von König Ludwig II. von Bayern auf die Wartburg geschickt worden war, um Zeichnungen und Fotografien zu machen, hat vielleicht das Aquarell von Hugo von Ritgen gesehen. Riedels um 1870 datierter Entwurf für das Ritterbad auf Neuschwanstein zeigt jedenfalls, wie ähnlich es geworden wäre. Nach dem Tod Ludwig II. 1886 verblieb der Raum für das Bad im Rohbau, dort führt heute eine Treppe hinunter zum Ausgang.

Als auf der Wartburg 1887 die Wasserleitung installiert war, wurde 1889 der Bau des Ritterbades nach Ritgens Entwürfen endlich begonnen. Ob der Burgherr Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach nach der Vollendung 1890 dort badete, ist leider nicht überliefert.

Im 20. Jahrhundert war das Bad zeitweise vergessen, es wurde als Depot für Steinplastik und sogar als Rundfunkstudio genutzt. 1989 wurde ihm seine Bestimmung wiedergegeben. Und nach der in diesem Jahr fertiggestellten Restaurierung können die Besucherinnen und Besucher zu den Öffnungszeiten der Burg wieder einen Blick in das Ritterbad der Wartburg werfen.

Zurück